Lektion 4: Den Kontext verstehen

Die Bibel: An uns oder für uns?


Nachdem Gott in vergangenen Zeiten vielfältig und auf vielerlei Weise zu den Vätern geredet hat durch die Propheten, hat er in diesen letzten Tagen zu uns geredet durch den Sohn. ...
Hebräer 1:1-2

Gott offenbarte sein Wort in der Geschichte. Die Bibel erzählt nicht nur Geschichte, sondern wurde auch in der Geschichte in einer bestimmten kulturellen Umgebungen geschrieben. Erinnere dich an Lektion 1: Die Bibel wurde vom Heiligen Geist durch menschliche Autoren geschrieben. So wurde jeder biblische Text in einen spezifischen historisch-kulturellen Kontext gestellt, der sich aus verschiedenen sozialen, politischen, religiösen, wirtschaftlichen und geografischen Aspekten zusammensetzt.

Interpretation und historischer Kontext

Auslegen beinhaltet das Stellen und Beantworten aller Arten von Fragen. Da die Bibel von Gott durch menschliche Autoren geschrieben wurde, müssen sich einige unserer Auslegungsfragen auf den historisch-kulturellen Kontext einer Passage beziehen. Betrachte einige Beispiele:

Haar- und Kopfbedeckungen im 1. Korintherbrief

Denn wenn sich eine Frau nicht bedecken will, so soll ihr auch das Haar abgeschnitten werden! Wenn es aber für eine Frau schändlich ist, sich das Haar abschneiden oder abscheren zu lassen, so soll sie sich bedecken. Denn der Mann darf das Haupt nicht bedecken, weil er Gottes Bild und Ehre ist; die Frau aber ist die Ehre des Mannes. Denn der Mann kommt nicht von der Frau, sondern die Frau vom Mann; auch wurde der Mann nicht um der Frau willen erschaffen, sondern die Frau um des Mannes willen. Darum soll die Frau ein Zeichen der Macht auf dem Haupt haben, um der Engel willen. —1. Korinther 11:6-10
Was bedeuteten Haar- und Kopfbedeckungen in der Stadt Korinth im ersten Jahrhundert? Sind diese Fragen spezifisch für die griechisch-römische Kultur und/oder die jüdische Kultur des ersten Jahrhunderts? Wie sollten sie sich auf die Interpretation dieses Textes auswirken?

Wein-Trinken im 1. Timotheusbrief

Trinke nicht mehr nur Wasser, sondern gebrauche ein wenig Wein um deines Magens willen und wegen deines häufigen Unwohlseins. —1. Timotheus 5:23
Galt Wein zu Paulus Zeiten als Medizin? Warum musste Paulus Timotheus diese Anweisung geben? War Wein im ersten Jahrhundert dasselbe wie Wein im 21. Jahrhundert?

Lauheit in Offenbarung 3

Ich kenne deine Werke, dass du weder kalt noch heiß bist. Ach, dass du kalt oder heiß wärst! So aber, weil du lau bist und weder kalt noch heiß, werde ich dich ausspeien aus meinem Mund. —Offenbarung 3:15-16
Welchen historisch-kulturellen Kontext setzt dieser Text voraus? Der Befehl scheint zu implizieren, dass sowohl heiß als auch kalt gut sind, während lauwarm schlecht ist.

Die Bedeutung solcher Fragen

Diese Fragen zeigen, dass die Bibel von uns erwartet, dass wir sie in ihrem historisch-kulturellen Kontext auslegen. Diese "Forderung" entwickelt sich aus der Natur der Bibel als einem Buch, das von Gott durch Menschen in der Geschichte geschrieben wurde.

Stelle drei Auslegungsfragen zum historisch-kulturellen Kontext deines gewählten Abschnitts.

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“Für uns” aber nicht “an uns”

Wenn wir die obigen Passagen betrachten, stellt sich eine Frage: Sollten wir überhaupt die Bibel auslegen und auf unser eigenes Leben anwenden, wenn sie in solch spezifischen historischen und kulturellen Umgebungen angesiedelt ist?
Ja! Denn obwohl sie nicht direkt an uns geschrieben wurde, wurde die Bibel für uns geschrieben.

Nicht “an uns”

Die Bibel selbst macht deutlich, dass sie nicht direkt an uns geschrieben wurde. Das 4. Buch Mose enthält fünf Predigten, die Mose der Wüstengeneration Israels predigte, als sie sich darauf vorbereiteten, in das Gelobte Land einzutreten. Der HERR sandte Hesekiel "zu den Kindern Israels" (Hesekiel 2:3), während er "unter den Weggeführten am Fluss Kebar" lebte (Hesekiel 1:1). Lukas schrieb seine "geordneten Berichte" an Theophilus. Die Briefe des Paulus beginnen mit der Angabe seiner Empfänger.
Die Bibel wurde nicht direkt an uns geschrieben. Gott sprach in der Geschichte durch menschliche Autoren zu bestimmten Menschen. Tatsächlich existieren die Sprachen, durch die er redete, in unserer modernen Welt nicht mehr als "lebende" Sprachen. Deshalb müssen wir die Bibel in ihrem Kontext als ein Buch auslegen, das für andere geschrieben wurde.

Aber “für uns”

Auch wenn wir bekräftigen, dass die Bibel nicht an uns geschrieben wurde, so verkünden wir mit Nachdruck, was die Bibel selbst verkündet: Gott hat sein Buch für uns geschrieben, und er spricht noch heute zu uns durch dieses Buch.
Brannte nicht unser Herz in uns, als er auf dem Weg mit uns sprach? Und unsere Herzen brennen immer noch mit Feuer, wenn sein Wort heute zu uns spricht.
„Our Hearts Still Burn“ von Matt Boswell und D.A. Carson
Lies noch einmal etwas von dem, was die Bibel über sich selbst verkündet, und bete den Gott an, der heute noch zu unserem Wohl durch dieses Buch spricht:
Denn alles, was zuvor geschrieben worden ist, wurde zu unserer Belehrung zuvor geschrieben, damit wir durch das Ausharren und den Trost der Schriften Hoffnung fassen. —Römer 15:4
Alle diese Dinge aber, die jenen widerfuhren, sind Vorbilder, und sie wurden zur Warnung für uns aufgeschrieben, auf die das Ende der Weltzeiten gekommen ist. —1. Korinther 10:11
Du aber bleibe in dem, was du gelernt hast und was dir zur Gewissheit geworden ist, da du weißt, von wem du es gelernt hast, und weil du von Kindheit an die heiligen Schriften kennst, welche die Kraft haben, dich weise zu machen zur Errettung durch den Glauben, der in Christus Jesus ist. —2. Timotheus 3:14–15
So lasst uns nun mit Furcht darauf bedacht sein, dass sich nicht etwa bei jemand von euch herausstellt, dass er zurückgeblieben ist, während doch die Verheißung zum Eingang in seine Ruhe noch besteht! Denn auch uns ist eine Heilsbotschaft verkündigt worden, gleichwie jenen; aber das Wort der Verkündigung hat jenen nicht geholfen, weil es bei den Hörern nicht mit dem Glauben verbunden war. Denn wir, die wir gläubig geworden sind, gehen in die Ruhe ein, wie er gesagt hat: »Dass ich schwor in meinem Zorn: Sie sollen nicht in meine Ruhe eingehen«. —Hebräer 4:1–3a
Wegen dieser Errettung haben die Propheten gesucht und nachgeforscht, die von der euch zuteil gewordenen Gnade geweissagt haben. Sie haben nachgeforscht, auf welche und was für eine Zeit der Geist des Christus in ihnen hindeutete, der die für Christus bestimmten Leiden und die darauf folgenden Herrlichkeiten zuvor bezeugte. Ihnen wurde geoffenbart, dass sie nicht sich selbst, sondern uns dienten mit dem, was euch jetzt bekanntgemacht worden ist durch diejenigen, welche euch das Evangelium verkündigt haben im Heiligen Geist, der vom Himmel gesandt wurde — Dinge, in welche auch die Engel hineinzuschauen begehren. —1. Petrus 1:10–12
Was von Anfang war, was wir gehört haben, was wir mit unseren Augen gesehen haben, was wir angeschaut und was unsere Hände betastet haben vom Wort des Lebens — und das Leben ist erschienen, und wir haben gesehen und bezeugen und verkündigen euch das ewige Leben, das bei dem Vater war und uns erschienen ist —, was wir gesehen und gehört haben, das verkündigen wir euch, damit auch ihr Gemeinschaft mit uns habt; und unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus. Und dies schreiben wir euch, damit eure Freude vollkommen sei. —1. Johannes 1:1–4
Glückselig ist, der die Worte der Weissagung liest, und die sie hören und bewahren, was darin geschrieben steht! Denn die Zeit ist nahe. —Offenbarung 1:3

Im Kontext Auslegen

Aus dem, was wir bisher gesehen haben, können wir schließen, dass die Bibel von uns erwartet, dass wir sie in ihrem historisch-kulturellen Kontext auslegen. Der Rest dieser Lektion zielt darauf ab, Werkzeuge zur Anwendung dieses Auslegungsprinzips bereitzustellen.

Bibelauslegung