Alttestamentliche Erzählung
Erzählung: Das Skelett der Bibel
Die Bibel offenbart, wie Gott seine Herrlichkeit zeigt, indem er ein Volk für sich selbst in Christus erlöst. Dieses Wirken findet in der Geschichte statt. So besteht das "Skelett" der Bibel aus erzählender Literatur. AT-Erzählungen berichten die Abfolge von Personen, Handlungen und Ereignissen, welche die Geschichte von Gottes Erlösungswerk in der Menschheitsgeschichte, insbesondere in der Geschichte Israels, zeichnen.
Bedenke, dass AT-Erzählung niemals nur Geschichte ist. Biblische Autoren verkündigten Gottes Herrlichkeit in Christus durch erzählerische Formen. Daher müssen wir die Erzählungen des AT nicht nur lesen, um die Fakten der Geschichte zu verstehen, sondern auch um die Botschaft zu verstehen, die der biblische Autor vermitteln wollte. Zum Beispiel erzählt Ruth 1:1-5 nicht einfach eine Reihe von einleitenden Fakten. Der Autor von Ruth beabsichtigte, durch die Erzählung von Elimelechs treuloser Flucht nach Moab eine Botschaft zu vermitteln: In schwierigen Zeiten gibt es kein Leben außerhalb des Herrn und seiner Verheißungen.
Schlüssel zur Auslegung von Erzählungen:
Bestimme Grenzen und interpretiere Episoden.
Bestimme die Grenzen einer Episode und ihrer Szenen.
Suche nach Gliederungs-Elementen, d. h. nach wiederholten Phrasen oder Wörtern, die den Anfang und das Ende einer Einheit markieren.
Suche nach Veränderungen in Zeit, Ort, Hauptfigur(en) und Themen.
Erkenne, wie diese Episode in die größere Erzählung passt.
Identifiziere die thematischen Fäden, die sich durch mehrere Einheiten ziehen und sie miteinander verbinden (z.B. "Erlösung" im Buch Ruth).
Bedenke: Gott ist immer die Hauptfigur.
Die Bibel ist in erster Linie Gottes Offenbarung seiner selbst.
Gott ist die Hauptfigur jeder biblischen Erzählung, auch wenn er nicht explizit genannt wird.
Achte darauf, wann Gott spricht und wann andere über Gott sprechen.
Identifiziere die anderen Hauptfiguren.
Suche nach redaktionellen Kommentaren zu den Charakteren.
Beachte, was Charaktere sagen und tun. In der AT-Erzählung definieren Handlungen und Worte Charaktere.¹
Unterscheide zwischen Beschreibung und Vorschreibung.
Lies die Erzählung des AT im Licht des Gesetzes, insbesondere des 5. Buches Mose.
Erwarte, dass biblische Autoren Gottes Treue hervorheben, zusammen mit Glauben, Sünde und Unglauben der Menschen.
Gehe nicht davon aus, dass etwas vorgeschrieben ist, nur weil es beschrieben wird!
Fasse den Hauptkonflikt bzw. das Hauptproblem zusammen.
Wird der Konflikt bzw. das Problem gelöst? Wie?
Schatten der Konflikt bzw. das Problem und/oder die Lösung Christus vor? (Wir werden diese Frage in Lektion 7 ausführlicher behandeln.)
Fasse die Hauptbotschaft zusammen.
Achte besonders auf die Rede einer Hauptfigur oder direkte Kommentare des Autors. Diese enthalten oft den Hauptpunkt einer narrativen Episode.² Autoren biblischer Erzählungen haben normalerweise nicht das Bedürfnis, einen direkten Kommentar abzugeben, so dass es von Bedeutung ist, wenn sie es tun.
Was sagt uns diese Episode über Gott und seine Verheißungen?
Untergattungen
Narrative Literatur enthält oft Untergattungen, bei denen ein Autor eine andere Gattung innerhalb der größeren Erzählung verwendet. Betrachte J. R. R. Tolkiens Der Herr der Ringe. Als Ganzes ist es eine Erzählung, die sich auf einen Höhepunkt und eine Auflösung zubewegt. Aber innerhalb dieser Handlung webt Tolkien geschickt Genealogien, historische Aufzeichnungen, Lieder, Briefe, berichtete Dialoge und Gedichte ein, die die größere Erzählung hervorheben. Wir könnten jedes dieser Merkmale als "Untergattung" bezeichnen.
In ähnlicher Weise enthält die biblische Erzählung oft viele Untergattungen, darunter Genealogien, Lieder, Gedichte, Segnungen, Prophezeiungen, Predigten und Bündnisse.³ Biblische Autoren verwendeten diese Untergattungen oft, um die Bedeutung der Erzählung zu enthüllen. Ein Beispiel dafür sehen wir in 2. Mose 14 und 15. 2. Mose 14 erzählt, wie Israel das Rote Meer durchquert. 2. Mose 15 verkündet die Bedeutung dieser Erzählung.
Werfen wir einen genaueren Blick darauf:
Auf welche Weise enthüllt 2. Mose 15 die Bedeutung von 2. Mose 14?
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Alttestamentliches Gesetz
Innerhalb der größeren AT-Erzählung schließt Gott eine Reihe von Bündnissen mit seinem Volk. Diese Bündnisse bilden das Rückgrat der größeren Erzählung. Durch diese Bündnisse bringt Gott sein Reich voran, sorgt für sein Volk und erfüllt seine Verheißungen.⁴ Gott schließt fünf Bündnisse im Alten Testament und verspricht ein sechstes. Er schließt den Adam-Bund, den Noah-Bund, den Abraham-Bund, den Mose-Bund (oder den Alten Bund) und den David-Bund. Er verspricht den neuen Bund.
Die Bibel nennt den Alten Bund auch "das Gesetz". In Übereinstimmung mit den Verheißungen, die Gott Abraham gegeben hatte (1. Mose 12:1-3; 15:1-21; 17:1-14), schuf Gott aus Abrahams Nachkommen eine Nation – eine Nation, durch die er alle Nationen der Welt segnen würde. Als Gott Israel aus Ägypten berief, formte er sie als Nation, indem er einen Bund mit ihnen schloss. Dieser mosaische Bund (oder "das Gesetz") definierte, wie der HERR und Israel miteinander umgingen.
In Lektion 8 werden wir darüber nachdenken, wie wir als Christen das Gesetz des AT richtig anwenden sollten. Im Moment liegt unser Fokus darauf, wie man das Gesetz richtig auslegt und versteht. Beginnen wir damit, einige der einzigartigen Merkmale dieser biblischen Gattung zu beobachten.
2. Mose 20:1–17
Und Gott redete alle diese Worte und sprach:
Ich bin der Herr, dein Gott, der ich dich aus dem Land Ägypten, aus dem Haus der Knechtschaft, herausgeführt habe.
Du sollst keine anderen Götter neben mir haben!
Du sollst dir kein Bildnis noch irgend ein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was in den Wassern, unter der Erde ist. Bete sie nicht an und diene ihnen nicht! Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott, der die Schuld der Väter heimsucht an den Kindern bis in das dritte und vierte Glied derer, die mich hassen, der aber Gnade erweist an vielen Tausenden, die mich lieben und meine Gebote halten.
Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen! Denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht.
Gedenke an den Sabbattag und heilige ihn! Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun; aber am siebten Tag ist der Sabbat des Herrn, deines Gottes; da sollst du kein Werk tun; weder du, noch dein Sohn, noch deine Tochter, noch dein Knecht, noch deine Magd, noch dein Vieh, noch dein Fremdling, der innerhalb deiner Tore lebt. Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles, was darinnen ist, und er ruhte am siebten Tag; darum hat der Herr den Sabbattag gesegnet und geheiligt.
Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, damit du lange lebst in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt!
Du sollst nicht töten!
Du sollst nicht ehebrechen!
Du sollst nicht stehlen!
Du sollst kein falsches Zeugnis reden gegen deinen Nächsten!
Du sollst nicht begehren das Haus deines Nächsten! Du sollst nicht begehren die Frau deines Nächsten, noch seinen Knecht, noch seine Magd, noch sein Rind, noch seinen Esel, noch irgend etwas, das dein Nächster hat!
—2. Mose 20:1–17
Nenne 3 bis 5 Muster, Strukturen oder Merkmale, die du in obigem Text beobachtest
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2. Mose 21:37 – 22:5
Wenn jemand ein Rind stiehlt oder ein Schaf und es schlachtet oder verkauft, so soll er fünf Rinder für eines erstatten und vier Schafe für eines. Wird ein Dieb beim Einbruch ertappt und geschlagen, so dass er stirbt, so hat man keine Blutschuld; ist aber die Sonne über ihm aufgegangen, so hat man Blutschuld. Der Dieb soll Ersatz leisten; hat er aber nichts, so verkaufe man ihn um den Wert des Gestohlenen. Wird das Gestohlene noch lebend bei ihm vorgefunden, es sei ein Rind, ein Esel oder ein Schaf, so soll er es doppelt wiedererstatten.
Wenn jemand ein Feld oder einen Weinberg abweiden lässt, und er lässt dem Vieh freien Lauf, dass es auch das Feld eines anderen abweidet, so soll er das Beste seines eigenen Feldes und das Beste seines Weinbergs dafür geben.
Bricht Feuer aus und ergreift eine Dornhecke und frisst einen Garbenhaufen oder das stehende Getreide oder das ganze Feld, so soll der, welcher den Brand verursacht hat, unbedingt den Schaden ersetzen.
—2. Mose 21:37 – 22:5
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5. Mose 10:12–22
Und nun, Israel, was fordert der Herr, dein Gott, von dir, als nur, dass du den Herrn, deinen Gott, fürchtest, daß du in allen seinen Wegen wandelst und ihn liebst und dem Herrn, deinem Gott, dienst mit deinem ganzen Herzen und deiner ganzen Seele, indem du die Gebote des Herrn und seine Satzungen hältst, die ich dir heute gebiete, zum Besten für dich selbst?
Siehe, der Himmel und aller Himmel Himmel und die Erde und alles, was in ihr ist, gehört dem Herrn, deinem Gott; dennoch hat der Herr allein deinen Vätern sein Herz zugewandt, dass er sie liebte; und er hat ihren Samen nach ihnen aus allen Völkern erwählt, nämlich euch, wie es heute der Fall ist. So beschneidet nun die Vorhaut eures Herzens und seid nicht mehr halsstarrig!
Denn der Herr, euer Gott, Er ist der Gott der Götter und der Herr der Herren, der große, mächtige und furchtgebietende Gott, der die Person nicht ansieht und kein Bestechungsgeschenk annimmt, der der Waise und der Witwe Recht schafft und den Fremdling liebhat, so dass er ihm Speise und Kleidung gibt. Und auch ihr sollt den Fremdling lieben, denn ihr seid ebenfalls Fremdlinge gewesen im Land Ägypten.
Du sollst den Herrn, deinen Gott, fürchten; ihm sollst du dienen, ihm sollst du anhängen und bei seinem Namen schwören. Er ist dein Ruhm, und er ist dein Gott, der bei dir diese großen und furchtgebietenden Dinge getan hat, die deine Augen gesehen haben. Deine Väter zogen nach Ägypten hinab mit 70 Seelen, aber nun hat dich der Herr, dein Gott, so zahlreich gemacht wie die Sterne am Himmel!
—5. Mose 10:12–22
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Kategorien von AT Gesetzen
In den obigen Beispielen können wir zwei verschiedene Arten von Gesetzen beobachten: apodiktische Gesetze und kasuistische Gesetze. Dr. Jason DeRouchie erklärt:
Es gibt zwei Arten von mosaischen Gesetzen, die Gelehrte als apodiktisch und kasuistisch bezeichnet haben. Apodiktische Gesetze sind solche, die Grundprinzipien sind, die so formuliert sind, dass es keine Qualifikation oder Ausnahme gibt. Im Gegensatz dazu sind kasuistische Gesetze immer situativ und beziehen sich auf bestimmte Umstände. Kasuistische Gesetze sind oft Anwendungen apodiktischer Gesetze.
—Dr. Jason DeRouchie, How to Understand and Apply the Old Testament, 51, meine Übersetzung
Die Zehn Gebote in 2. Mose 20:1-17 sind apodiktische Gesetze. Die verschiedenen Gesetze in 2. Mose 22:1-6 sind kasuistische Gesetze. Sie legen fest, wie das apodiktische Gesetz "Du sollst nicht stehlen" auf bestimmte Situationen anzuwenden ist.
Dr. Jason DeRouchie kategorisiert das AT-Gesetz weiter in fünf verschiedene Arten von Gesetzen:⁵
Strafrecht - strafbare Verbrechen (4. Mose 35: 30-31)
Zivilrecht - private Streitigkeiten (2. Mose 23:1–8; 3. Mose 19:35-37)
Familienrecht - Hausrecht (5. Mose 6:6–9; 21:15–17)
Zeremonielle und Opfer-Vorschriften - Formen und Rituale des religiösen Lebens (2. Mose 20:24–26; 3. Mose 1:1-9)
Barmherzigkeit – Angelegenheiten der Nächstenliebe, der Gerechtigkeit und der Barmherzigkeit (2. Mose 22:21–24; 5. Mose 24:17-18)
Während Dr. DeRouchie für die oben genannte Unterteilung eintritt, wurden die AT-Gesetze historisch von vielen als moralisch, zivil oder zeremoniell kategorisiert.
Schlüssel zur Auslegung des AT-Gesetzes
Identifiziere die Art des Gesetzes.
Ist dieses Gesetz apodiktisch oder kasuistisch?
Zu welcher der fünf Kategorien gehört dieses Gesetz?
Beschreibe, wie das Gesetz in seinen größeren Kontext passt.
Wenn es sich um ein kasuistisches Gesetz handelt, ist es dann eine Anwendung eines apodiktischen Gesetzes?
Wie verhält sich dieses Gesetz zu seinem umgebenden Kontext, sei es Erzählung, Reden oder andere Gesetze? Zum Beispiel erwächst das Gebot in 5. Mose 10:18-19, "den Fremdling zu lieben", aus der Identität des HERRN und entwickelt das Gebot, ihn zu fürchten und ihm zu dienen.
Achte auf Aussagen, die das Gesetz erklären oder begründen. Zum Beispiel verwurzelt Gott das Gebot in 5. Mose 10:18-19, "den Fremdling zu lieben", sowohl im Handeln des Herrn als auch in der Geschichte Israels ("denn ihr seid ebenfalls Fremdlinge gewesen im Land Ägypten.")
Frage: "Was offenbart diese Passage über Gottes Charakter und seine Werte?"
Frage: "Was verrät dieses Gesetz über die menschliche Natur?" Das heißt, welche sündige Neigung des Herzens entlarvt dieses Gesetz und zielt darauf ab, sie einzudämmen?