Der dritte Zweig der Theologie ist die historische Theologie. Sie befasst sich nicht direkt mit dem Text - wie biblische und systematische Theologie. Vielmehr versammelt sie sich mit der Gemeinde um den Text.
His|to|ri|sche Theo|lo|gie Substantiv, feminin
Historische Theologie untersucht und bewertet, wie die Gemeinde die Bibel und die Theologie verstanden hat.
Historische Theologie hat einen Gemeinschafts-Fokus. Sie untersucht einen Bibelabschnitt im Licht dessen, wie andere Christen ihn auslegen.
Prinzip: Lege die Bibel mit anderen aus – lerne von toten und lebenden Lehrern, wobei du am Wort prüfst, was sie sagen.
Wie historische Theologie funktioniert: Stelle Leuten Fragen
Wir praktizieren dieses Prinzip, indem wir uns mit der Gemeinde um einen Text versammeln. Du solltest dies auf zwei Arten tun:
1. Sprich mit deinen Pastoren bzw. Ältesten und anderen reifen Gläubigen.
In Epheser 4:12 lesen wir, zu welchem Zweck Gott der Gemeinde Hirten und Lehrer gab: "zur Zurüstung der Heiligen, für das Werk des Dienstes, für die Erbauung des Leibes des Christus". Der weise Christ wird die Bibel nicht alleine auslegen. Du solltest auf deine Hirten hören, denn sie sind Gottes Geschenk, um dir zu helfen, in Christus zu wachsen. Gott beruft gottesfürchtige Hirten und rüstet sie aus, damit sie das Wort predigen, die gesunde Lehre weitergeben und Irrtum widerlegen. Beim Auslegen der Schrift solltest du diesen Männern zuhören und von ihnen lernen.
Aber für die geistliche Reife wird der gesamte Leib benötigt, wie Epheser 4:16 lehrt: "Von ihm aus vollbringt der ganze Leib, zusammengefügt und verbunden durch alle Gelenke, die einander Handreichung tun nach dem Maß der Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Gliedes, das Wachstum des Leibes zur Auferbauung seiner selbst in Liebe." Wir sollten nicht nur unseren Hirten zuhören, wenn wir einen Text auslegen. Wir sollten uns auch mit anderen reifen Gläubigen treffen, die uns helfen können zu verstehen, was ein Text bedeutet (Kolosser 3:16).
2. Höre Gläubigen aus der Gemeindegeschichte zu.
Natürlich kann man nicht wirklich mit Gläubigen aus der Gemeindegeschichte sprechen, aber man kann ihnen zuhören! Und du solltest ihnen zuhören. Wie der Theologe Michael Reeves es ausdrückte: "Wenn wir ignorieren, was der Großteil der Gemeinde im Lauf der Geschichte gesagt hat, dann handeln wir so abtrünnig, als ob wir die heutige Gemeinde ignorieren würden; sogar noch mehr." ²
Es gibt viel mehr tote als lebendige große christliche Ausleger. Deshalb wird ihnen der weise Christ beim Auslegen zuhören. Wie G.K. Chesterton sagte, sollten wir uns nicht "dem kleinen und arroganten [Despotismus] derer unterwerfen, die nur zufällig herumlaufen". ³
Du kannst beginnen, mit der historischen Gemeinde zu interagieren, indem du die altkirchlichen Glaubensbekenntnisse sorgfältig liest. Dieser englischsprachige Artikel beschreibt hilfreich die wichtigsten Glaubensbekenntnisse und Konfessionen aus der Kirchengeschichte. (Der Text für jedes Glaubensbekenntnis und Bekenntnis kann leicht online gefunden werden.) Katechismen helfen uns auch, der historischen Gemeinde gut zuzuhören. Ein Beispiel ist der New City Catechism, den es auch in deutscher Übersetzung gibt.
1 Darauf, nach 14 Jahren, zog ich wieder hinauf nach Jerusalem mit Barnabas und nahm auch Titus mit. 2 Ich zog aber aufgrund einer Offenbarung hinauf und legte ihnen, insbesondere den Angesehenen, das Evangelium vor, das ich unter den Heiden verkündige, damit ich nicht etwa vergeblich liefe oder gelaufen wäre. 3 Aber nicht einmal mein Begleiter Titus, obwohl er ein Grieche ist, wurde gezwungen, sich beschneiden zu lassen. 4 Was aber die eingeschlichenen falschen Brüder betrifft, die sich hereingedrängt hatten, um unsere Freiheit auszukundschaften, die wir in Christus Jesus haben, damit sie uns unterjochen könnten — 5 denen gaben wir auch nicht eine Stunde nach, dass wir uns ihnen unterworfen hätten, damit die Wahrheit des Evangeliums bei euch bestehen bliebe. 6 Von denen aber, die etwas gelten — was sie früher waren, ist mir gleich; Gott achtet das Ansehen der Person nicht —, mir haben diese Angesehenen nichts weiter auferlegt; 7 sondern im Gegenteil, als sie sahen, dass ich mit dem Evangelium an die Unbeschnittenen betraut bin, gleichwie Petrus mit dem an die Beschneidung — 8 denn der, welcher in Petrus kräftig wirkte zum Aposteldienst unter der Beschneidung, der wirkte auch in mir kräftig für die Heiden —, 9 und als sie die Gnade erkannten, die mir gegeben ist, reichten Jakobus und Kephas und Johannes, die als Säulen gelten, mir und Barnabas die Hand der Gemeinschaft, damit wir unter den Heiden, sie aber unter der Beschneidung wirkten; 10 nur sollten wir an die Armen gedenken, und ich habe mich auch eifrig bemüht, dies zu tun.
—Galater 2:1–10
Wenn wir das Beispiel im Galaterbrief betrachten, sollten wir uns daran erinnern, dass Paulus einzigartig war. Er lebte am Anfang der Gemeindegeschichte und schrieb als vom Geist inspirierter Apostel. Ja, er war sogar dem auferstandenen Herrn Jesus begegnet und hatte das Evangelium von ihm persönlich gelernt (Apostelgeschichte 9:3-6; Galater 1:12)! Unsere Situation ist also ganz anders als seine.
Dennoch können wir aus den Handlungen des Paulus in Galater 2 lernen. Paulus war kein Einzelgänger. Er las die Bibel nicht alleine, ohne sich darum zu kümmern, was andere dachten.
In Galater 2 setzt Paulus die Verteidigung des Evangeliums fort, das er direkt von Jesus empfangen hat. Er unterstützt seine apostolische Autorität, indem er in den Versen 1–10 seine Reise nach Jerusalem beschreibt. Dort nahmen die Säulen der Gemeinde –Petrus, Johannes und Jakobus – sein Evangelium vorbehaltlos an. Sie fügten nichts hinzu und gaben ihm die rechte Hand der Gemeinschaft.⁴ Sie bestätigten die Wahrheit seines Evangeliums. Nun, sein Evangelium war wahr, unabhängig davon, ob die anderen Apostel es bestätigten oder nicht. Er wusste jedoch, dass sein Dienst "vergeblich" sein würde, wenn sie es ablehnten (Vers 2). Wenn die Führer der Jerusalemer Gemeinde sein Evangelium verurteilten, wäre er nicht in der Lage zu reisen und zu predigen. In gewissem Sinne spielte die Meinung der Säulen also überhaupt keine Rolle, weil Paulus wusste, dass sein Evangelium wahr war. Aber in einem anderen Sinne war es sehr wichtig, weil es seinen Dienst bestätigte!
So ist es auch bei uns im 21. Jahrhundert ...
Christus allein ist unsere Autorität, und er regiert durch sein Wort. Es ist jedoch unklug für uns, die Bibel auszulegen, ohne unsere Auslegung zu bestätigen. Wir können die Wahrheit dessen, was wir lehren, bestätigen, indem wir zeigen, dass die Gemeinde immer geglaubt und gelehrt hat, was wir lehren. Der Heilige Geist hat Generationen von Christen dazu gebracht, an die Wahrheit seines Wortes zu glauben. Wenn wir ihm zuhören, werden wir ihnen zustimmen, und sie werden uns zustimmen.
Das Beispiel des Paulus endet jedoch nicht in Vers 10:
11 Als aber Petrus nach Antiochia kam, widerstand ich ihm ins Angesicht, denn er war im Unrecht. 12 Bevor nämlich etliche von Jakobus kamen, aß er mit den Heiden; als sie aber kamen, zog er sich zurück und sonderte sich ab, weil er die aus der Beschneidung fürchtete. 13 Und auch die übrigen Juden heuchelten mit ihm, so dass selbst Barnabas von ihrer Heuchelei mit fortgerissen wurde. 14 Als ich aber sah, das sie nicht richtig wandelten nach der Wahrheit des Evangeliums, sprach ich zu Petrus vor allen: Wenn du, der du ein Jude bist, heidnisch lebst und nicht jüdisch, was zwingst du die Heiden, jüdisch zu leben?
—Galater 2:11–14
In diesen Versen erzählt Paulus, wie er Petrus für seine Heuchelei tadelte! Nur weil Petrus eine Säule der Gemeinde war, bedeutete das nicht, dass er Gottes Wort widersprechen konnte.
So ist es auch bei uns im 21. Jahrhundert ...
Die großen Theologen und Pastoren der Gemeindegeschichte lehrten vieles, was wahr ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie keine Fehler gemacht haben. Wir müssen Fehler und falsche Lehren der Gemeinde ablehnen, wann immer sie Gottes Wort widersprechen. 1 Thessalonicher 5:20-21 gilt für alle menschlichen Lehrer, ob lebend oder tot: "Die Weissagung verachtet nicht! Prüft alles, das Gute behaltet!" Wir müssen alle Lehren der obersten Autorität der Schrift unterwerfen!
Du bist an der Reihe
4 Höre Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr allein!
5 Und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft. 6 Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du auf dem Herzen tragen, 7 und du sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Haus sitzt oder auf dem Weg gehst, wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst; 8 und du sollst sie zum Zeichen auf deine Hand binden, und sie sollen dir zum Erinnerungszeichen über den Augen sein; 9 und du sollst sie auf die Pfosten deines Hauses und an deine Tore schreiben.
—5. Mose 6:4–9
In den nächsten drei Schritten liest du acht Zitate aus 5. Mose 6:4-7 von historischen Autoren. Du wirst den Schrifttext lesen, dann die Zitate und dann wirst du erklären, wie die Zitate dazu beitragen, das zu unterstützen, zu kritisieren oder zu erweitern, was du in den vorherigen Schritten dieser Lektion über den Abschnitt entdeckt hast.
Ein freier Online-Kurs: Präsentationen, Video- und Audiovorträge zur Kirchengeschichte vom 1. Jahrhundert bis in die Neuzeit - inkl. der christologischen Streitigkeiten im 4. und 5. Jahrhundert und der Entstehung der Bekenntnisse von Nicäa, Konstantinopel und Chalcedon.