Zu derselben Stunde frohlockte Jesus im Geist und sprach:
Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde,
dass du dies den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen geoffenbart hast.
Ja, Vater, denn so ist es wohlgefällig gewesen vor dir.
Und zu den Jüngern gewandt sagte er:
Alles ist mir übergeben worden von meinem Vater;
und niemand weiß, wer der Sohn ist, als nur der Vater;
und wer der Vater ist, weiß niemand als nur der Sohn und wem der Sohn es offenbaren will.
—Lukas 10:21-22
In diesem Gebet stellt Jesus zwei Arten von Menschen gegenüber: die Weisen und Klugen, vor denen Gott die Wahrheit verborgen hat, und die Unmündigen, denen die Wahrheit offenbart wurde. Mindestens zwei Realitäten stehen im Vordergrund: echte Erkenntnis Gottes wird von Gott gegeben; und menschliche Weisheit reicht nicht aus – sie ist sogar ein Hindernis –, um Gott zu erkennen. Diese Wahrheiten weisen auf eine Haltung hin, die wir notwendigerweise einnehmen müssen, wenn wir zur Heiligen Schrift kommen: Wir müssen als Jünger (wie Kinder in der Schule) unter dem Wort Gottes sitzen und nicht als „weise“ und „kluge“ Kritiker darüber stehen.
Die Erzählung von Lukas geht direkt in zwei Begegnungen mit Jesus über, die diesen Kontrast deutlich machen.
Die Haltung eines Kritikers
Und siehe, ein Gesetzesgelehrter trat auf, versuchte ihn und sprach: Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erben?
Und er sprach zu ihm: Was steht im Gesetz geschrieben? Wie liest du?
Er aber antwortete und sprach: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft und mit deinem ganzen Denken, und deinen Nächsten wie dich selbst!«
Er sprach zu ihm: Du hast recht geantwortet; tue dies, so wirst du leben!
—Lukas 10:25-28
In Vers 25 haben wir einen Gesetzesgelehrten, der Jesus nach seiner Lehre fragt. Dieser Mann ist ein Experte für das Gesetz des Alten Testaments und für alle jüdischen Traditionen, die dieses Gesetz auslegen. Lukas berichtet sehr deutlich, dass die Absicht dieses Gesetzesgelehrten darin besteht, Jesus auf die Probe zu stellen. Mit anderen Worten, er kommt als jemand, der meint, die Heilige Schrift zu verstehen, und der nun beurteilen will, wie Jesus mit ihr umgeht.
Aber Jesus lässt sich nicht bewerten. Er schluckt den Köder nicht. Stattdessen wirft er nun selbst die Angel aus und fragt: „Was steht im Gesetz geschrieben? Wie liest du?“ Der Tester wird jetzt getestet. Und Jesu Prüfung legt den Fokus auf die Auslegung.
Die Antwort des Gesetzesgelehrten ist richtig, aber er versteht es immer noch nicht. Oder besser gesagt, er will es nicht verstehen. Deshalb stellt er die Frage „Und wer ist mein Nächster?“ (Lukas 10:29b). Er will sich davor retten, sich dem Wort zu unterwerfen. Der Wunsch dieses Mannes war es, klug dazustehen und Jesus zu beurteilen – eine Haltung, die ihn die Bedeutung eines sehr einfachen Begriffs vergessen ließ.
Die Haltung eines Jüngers
Dann folgt der Besuch Jesu bei Maria und Martha.
Es begab sich aber, als sie weiterreisten, dass er in ein gewisses Dorf kam; und eine Frau namens Martha nahm ihn auf in ihr Haus. Und diese hatte eine Schwester, welche Maria hieß; die setzte sich zu Jesu Füßen und hörte seinem Wort zu. Martha aber machte sich viel zu schaffen mit der Bedienung.
Und sie trat herzu und sprach:
Herr, kümmerst du dich nicht darum, dass mich meine Schwester allein dienen lässt? Sage ihr doch, dass sie mir hilft!
Jesus aber antwortete und sprach zu ihr:
Martha, Martha, du machst dir Sorge und Unruhe um vieles; eines aber ist Not. Maria aber hat das gute Teil erwählt; das soll nicht von ihr genommen werden!
—Lukas 10:38-42
Maria wird uns als eine vorgestellt, die zu den Füßen des Herrn saß und seinem Wort zuhörte. Auf diese Weise hebt Lukas den Kontrast zu dem Gesetzesgelehrten hervor. Achte besonders auf ihre Körperhaltung. Während der Gesetzesgelehrte Jesus auf die Probe stellt, sitzt Maria zu seinen Füßen, um zuzuhören und von ihm zu lernen.
Wie ist deine Haltung vor dem Gott des Wortes? Wann hat dein Herz das letzte Mal die Last der Überführung gespürt oder wann hat die Wahrheit der Heiligen Schrift deine Theologie wirklich herausgefordert? Wenn du beim Lesen der Bibel immer nur in dem bestätigt wirst, was du bereits denkst, dann liest du vielleicht noch nicht als Jünger zu Füßen des Meisters.
Bekehrung: Vom Kritiker zum Jünger
Eine solche Haltung gegenüber der Heiligen Schrift ist für keinen von uns natürlich. Wenn wir zum Glauben kommen, verändert sich zwangsläufig unsere Haltung vor dem Wort Gottes. Auf einer Ebene müssen Ungläubige damit beginnen, die Wahrheit der Bibel zu beurteilen. Wie würden sie sonst wissen, ob sie der Bibel oder einem anderen Buch wie dem Koran oder dem Buch Mormon vertrauen sollten?
Aber man kann nicht gläubig werden und Beurteiler bleiben. Tatsächlich bedeutet zum Glauben zu kommen, ein Jünger zu werden. Oder anders ausgedrückt: Bekehrung ist der Wechsel von der Beurteilung der Heiligen Schrift hin zu ihrer willigen Annahme, so dass wir uns ihr unterwerfen als Jünger, die zu Jesu Füßen sitzen.
Betrachte das Beispiel von Sergius Paulus.
Sie durchzogen die ganze Insel bis nach Paphos. Dort trafen sie auf einen Juden, der sich Barjesus nannte. Das war ein Magier und falscher Prophet, der mit dem Prokonsul Sergius Paulus befreundet war, einem klugen und einsichtigen Mann. Dieser hatte Barnabas und Saulus zu sich gerufen, weil er die Botschaft von Gott hören wollte. Doch Elymas, der Zauberer, – so heißt nämlich sein Name übersetzt – trat ihnen entgegen und versuchte mit allen Mitteln, den Prokonsul vom Glauben abzuhalten.
Aber Saulus, der auch Paulus genannt wird, blickte ihn scharf an. Vom Heiligen Geist erfüllt sagte er:
„Du elender und gerissener Betrüger, du Sohn des Teufels und Feind aller Gerechtigkeit! Wann hörst du endlich auf, die geraden Wege des Herrn krumm zu machen?! Doch jetzt wirst du die Hand des Herrn zu spüren bekommen. Du wirst blind sein. Eine Zeit lang wirst du die Sonne nicht sehen.“
Im selben Augenblick fand sich der Magier von tiefster Dunkelheit umgeben. Er tappte umher und suchte jemand, der ihn an der Hand führte. Als der Prokonsul sah, was geschehen war, kam er zum Glauben, höchst erstaunt über die Lehre des Herrn.
—Apostelgeschichte 13:6-12, Neue evangelistische Übersetzung, Hervorhebungen von mir
Das Herz und der Verstand dieses Mannes wurden verwandelt. Er wurde von einem neugierigen Beurteiler der Evangeliumsbotschaft zu einem demütigen und erstaunten Anbeter des Herrn. Lukas Bericht über die Bekehrung des Prokonsuls unterstreicht seine Haltung vor dem Wort Gottes.
Um auf Lukas 10 zurückzukommen, stellen wir fest, dass Gott unsere Haltung in die Richtung dieses Textes fließen lassen möchte: